Keinen blassen Schimmer?

Hallo,
ich habe durch ein Inserat von ihrer Webseite erfahren. Ich bin kein Jäger, aber als Landwirt oft von Wildschäden, verursacht durch Wildschweine, betroffen. Ich möchte nicht unhöflich sein, aber beim Durchlesen ihrer Behauptungen habe ich soviel Blödsinn gesehen, dass ich mich zum Schreiben dieser Mail verpflichtet sah. Sie haben von der Praxis, vom Geschehen draußen in der Natur offensichtlich keinen blassen Schimmer!
Mit freundlichen Grüßen

Köhler

Antwort von Kurt Eicher:

Sehr geehrter Herr Köhler,

lesen Sie hierzu den Artikel aus der Stuttgarter Zeitung vom 16.01.2004.

Gruß,

Kurt Eicher



Herangefütterte Wildsauen verärgern die Naturschützer

Nabu beklagt schwere Verstöße bei der Bittelbrunner Jagd mit Prominenten.
Für das Hegaudorf ist das jährliche Halali ein Ereignis

Jedes Jahr im Januar gehen drei vermögende Herren im Hegau mit Freunden und Geschäftspartnern auf die Wildschweinpirsch. Damit ja genug Schwarzkittel im Revier sind, werden die Tiere das Jahr über satt gefüttert. Die Behörden billigen das widerrechtliche Treiben.

Von Wolfgang Messner

Darauf freut sich Bittelbrunn das ganze Jahr. Das kleine Dorf bei Engen im Landkreis Konstanz hat wie immer Mitte Januar die große Welt zu Gast. Morgen ist es wieder so weit. Dann wird am Waldrand ein großes Festzelt aufgestellt, es erscheinen Ion Tiriac, Exmanager von Boris Becker, der Ex-Daimler-Chrysler-Vorstand Klaus Mangold und Wolfgang Porsche, Enkel des Firmengründers Ferdinand Porsche, in dem 314-Seelen-Ort.

Die drei Herren teilen sich seit etwa sechs Jahren die Pacht für ein 1100 Hektar großes Jagdrevier. Das Land gehört dem Fürsten zu Fürstenberg, der früher seine adelige Verwandtschaft einlud, um Sauen oder Füchse zur Strecke zu bringen. Nun treffen alljährlich Politiker und wichtige Geschäftsfreunde zur Hatz auf Wildsauen ein. Nebenbei geht es wohl auch um Geschäfte, vornehmlich mit osteuropäischen Ländern. Dort ist Ion Tiriac, mit einem geschätzten Vermögen von rund 700 Millionen Dollar einer der reichsten Männer Rumäniens, geschäftlich tätig. Auch der im Dezember 2003 als Vorstandsvorsitzender der Daimler-Chrysler-Services ausgeschiedene Klaus Mangold knüpft als Vorsitzender des Ost-Ausschusses der deutschen Wirtschaft hier seine Netzwerke. Im vorigen Jahr waren Victor Tschernomyrdin, der ehemalige russische Ministerpräsident, und der rumänische Ministerpräsident Adriaiy Nastase Ehrengäste der Jagd.

Für die Bittelbrunner ist die jährliche Jagd ein lohnendes Ereignis: Hernach werden nicht nur die mehr als 150 Jäger und rund 60 Treiber sowie die örtliche Feuerwehr und das DRK freigehalten. Das ganze Dorf darf sich im großen Festzelt von freiwilligen Helfern des Radsportvereins Edelweiß umsonst bewirten lassen. Das Verhältnis von Jägern, Landwirten und der Bevölkerung ist hier perfekt , schwärmt Manager Mangold.

Wären da nicht die Natur- und Tierschützer. Die beklagen sich seit längerem über die feine Jagdgesellschaft. Damit die Jäger ausreichend Beute vor die Flinte bekommen, würden die Wildschweine im Revier das ganze Jahr über satt gefüttert, behauptet jedenfalls der Naturschutzbund (Nabu). Der hat im Februar 2003 die Verstöße gegen die Fütterungsverordnung vom Juni 2002 in Baden-Württemberg dokumentiert. Einer der Schwerpunkte in der Mängelliste war der Landkreis Konstanz, besonders die Bittelbrunner Jagd. Denn übermäßige Wildfütterung sorgt nach Erkenntnissen von Experten für eine erhöhte Population. Seit den 80er Jahren habe sich das Schwarzwild im Südwesten explosionsartig vermehrt, wie Manfred Pegel von der Landes-Wildforschungsstelle in Aulendorf vermerkt. Die Jäger kommen mit dem Schießen nicht mehr nach. Im Jagdjahr 2002/2003 wurden 48 746 Sauen erlegt, 20 Jahre zuvor waren es 3000 gewesen. Dabei brauchen die Tiere des Waldes auf Grund der milden Winter keine zusätzliche Fütterung mehr. Eine Umfrage des Wildforschungszentrums ergab, dass Jäger bis zu 316 Kilogramm Kraftfutter ausbringen, um ein einziges Wildschwein zu schießen. Pro hundert Hektar Wald wurden 2002 mehr als 1,3 Tonnen Kraftfutter an Wildschweine ausgegeben. Kritische Jäger und Förster warnen davor, weil damit auch die Gefahr der Schweinepest zunimmt. Im Kreis Konstanz hätte das nichts genützt, sagt Nabu-Jagdexperte Martin Hug aus Bühl. Hug ist selbst seit 25 Jahren Jäger und hat nichts gegen die Jagd.
Beim Gedanken an Bittelbrunn fühlt er sich aber an alte Feudaljagdgesellschaften erinnert. So wurde in Bittelbrunn, für Kenner wenig überraschend, Ehrengast Tschernomyrdin 2003 mit fünf Abschüssen Jagdkönig.

Die Behörden sind ungewöhnlich nachsichtig. Die Nabu-Studie hatte Verstöße in 25 Gebieten aufgelistet, hauptsächlich im Landkreis Konstanz. Wie der Sprecher des Landkreises Konstanz sagte, sei ein konkreter Fall von Fütterungsverstößen in der Bittelbrunner Jagd mit Bußgeld belegt worden. Weitere Fälle seien der Behörde nicht bekannt . Auch im Landratsamt Tuttlingen, auf dessen Gemarkung der größere Teil des Jagdreviers liegt, weiß man nichts von Verstößen. Der Jagdaufseher Rainer Veith, im Hauptberuf Sparkassenangestellter, und Kreisjägermeister Johann Hahnloser glauben ebenfalls, dass alles in Ordnung ist.
Wir achten peinlich genau darauf, dass die neuen Regelungen eingehalten werden , sagt Hahnloser.

Dass davon keine Rede sein kann, sieht zurzeit jeder Spaziergänger in dem Waldstück: An etlichen Fütterungsstellen wird in weitem Umkreis Mais ausgestreut, um die Tiere anzulocken. Offenbar soll es den Tieren kurz vor der Jagd gut gehen , mutmaßt die Tierschützerin Bianca Pelli aus Orsingen-Nenzingen. Die Wildschweine sollten wohl im Revier gehalten werden, um sie dort abzuknallen . Die Tierarzthelferin ist den Jägern der Region ein rotes Tuch.
Immer wieder warnt sie vor unerlaubten Fütterungen und der Brutalität der Jäger . Ihr drohte man anonym, ihren Hund zu erschießen oder am besten gleich sie selbst.

Jagd: Nebenform menschlicher Geisteskrankheit

Der erste Präsident der Bundesrepublik Deutschland, Theodor Heuss, schrieb:

Jägerei ist eine Nebenform von menschlicher Geisteskrankheit .
(Theodor Heuss: Tagebuchbriefe 1955-1963, hg. V. Eberhard Pikart, Tübingen/Stuttgart 1970, S. 106)

Fakten gegen die Jagd

Die moderne Wissenschaft

Die moderne Wissenschaft

hat in zahlreichen Untersuchungen zweifelsfrei nachgewiesen, dass Tiere empfindungsfähige, Freude und Schmerz verspürende Wesen sind. Tiere verfügen über ein reiches Sozialverhalten und gehen wie wir Beziehungen und Freundschaften ein. Sie können Liebe und Trauer empfinden, ja, sogar Fairness, Mitgefühl, Empathie, Altruismus und moralisches Verhalten zeigen, das über Trieb- und Instinktsteuerung weit hinausgeht.

Trotz beharrlicher Propagandaarbeit der Jagdverbände sinkt das Image der Jäger immer mehr: Immer weniger Spaziergänger, Hundehalter, Reiter und Mountainbiker lassen es sich gefallen, wenn sie von Jägern angepöbelt und bedroht werden - und sie protestieren gegen Ballerei in Naherholungsgebieten sowie gegen Massenabschüsse auf Treibjagden. Immer wieder zu lesen, dass Jäger aus Versehen Liebespaare im Maisfeld, Jagdkollegen oder Ponys auf der Weide mit Wildschweinen verwechseln - das kann einem draußen in der Natur durchaus Angst machen - ebenso wie Schüsse am Spazierweg oder Kugeln, die in Autos einschlagen. Außerdem haben Millionen Tierfreunde kein Verständnis, wenn Jäger ihre Hauskatzen abknallen oder drohen, den Hund zu erschießen.

Tierrechtsorganisationen decken immer wieder Verstöße gegen das Tierschutzgesetz bei Treib- und Drückjagden sowie bei Gatterjagden auf, wo halbzahme Tiere gegen Geld abgeknallt werden. Warum Jäger Jagd auf Hasen machen, obwohl sie auf der Roten Liste bedrohter Arten stehen, kann irgendwie auch niemand mehr gut finden. Zudem haben 99,7 Prozent der Bevölkerung andere Hobbys, als Tiere tot zu schießen.

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Fakten gegen die Jagd - Die Natur braucht keine Jäger

Warum jagen Jäger wirklich?

Die Frage "Warum jagen wir?" beantwortet eine Jagdredakteurin wie folgt: "Einige beschreiben die Jagd als Kick, andere sprechen von großer innerer Zufriedenheit. Die Gefühle bei der Jagd sind ebenso subjektiv wie in der Liebe. Warum genießen wir sie nicht einfach, ohne sie ständig rechtfertigen zu wollen?"
Rationale Gründe, mit denen Jäger rechtfertigen, dass die Jagd notwendig sei, sind offenbar nur Ausreden. Jedenfalls schreibt die Jägerin: "Der Tod, der mit dem Beutemachen verbunden ist, ist verpönt. Deswegen suchen die Jäger Begründungen in Begriffen wie Nachhaltigkeit, Hege und Naturschutz."

Der Neurologe und Psychoanalytiker Dr. Paul Parin - ebenfalls begeisterter Jäger - schrieb in seinem Buch "Die Leidenschaft des Jägers": "Seit meinen ersten Jagdabenteuern weiß ich: Jagd eröffnet einen Freiraum für Verbrechen bis zum Mord und für sexuelle Lust, wann und wo immer gejagt wird."

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Immer mehr jagdfreie Grundstücke in Deutschland

Von Schleswig-Holstein bis Bayern: In Deutschland gibt es immer mehr jagdfreie Grundstücke!

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat am vom 26.6.2012 entschieden, dass es gegen die Menschenrechte verstößt, wenn Grundeigentümer die Jagd auf ihrem Grund und Boden gegen ihren Willen dulden müssen, obwohl sie die Jagd aus ethischen Gründen ablehnen. Aufgrund des Urteils des höchsten europäischen Gerichts wurde die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, ihre Jagdgesetzgebung entsprechend zu ändern. Grundeigentümer können bei der unteren Jagdbehörde einen Antrag stellen, dass Ihr Grundstück jagdrechtlich befriedet wird.

Eine aktuelle Dokumentation über jagdfreie Grundstücke und laufende Anträge auf jagdrechtliche Befriedung finden Sie hier.

Seit 1974: Jagdverbot im Kanton Genf

Im Schweizer Kanton Genf ist die Jagd seit 40 Jahren verboten. Noch nie war die Biodiversität größer und die Wildtierbestände regulieren sich selbstständig erfolgreich. weiterlesen

Seit 1914: Jagdverbot im Nationalpark Schweiz

Im Schweizerischen Nationalpark ist die Jagd seit 1914 Jahren verboten - ein erfolgreiches Modell für eine Natur ohne Jagd, das beweist: Ohne Jagd finden Tiere und Natur in ein Gleichgewicht. weiterlesen

Jagdverbote in immer mehr Ländern

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verboten. Damit liefert unser Nachbarland den praktischen Beweis dafür, wie unnötig das massenhafte Töten von Füchsen ist - auch in der modernen Kulturlandschaft: Weder hat die Zahl der Füchse zugenommen noch gibt es Probleme mit Tollwut. Die Verbreitung des Fuchsbandwurms geht sogar zurück.

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